Ein wenig mehr zu Japan

Es gibt 4 Antworten in diesem Thema, welches 613 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Charles Ross.

  • So, bevor ich die Diskussion bei der Abwesenheit zu sehr ausbreite, weiche ich doch lieber aus. Ich habe ein paar Ideen zum Thema, wie versprochen wenig emotional. Schließlich interessieren uns alle eher andere Dinge:


    1. Nehmen wir mal den schlimmsten Fall an: Einen Supergau. Japan wird großflächig verstrahlt und langfristig unbewohnbar. In Ordnung, eine Tragödie. Aber die Menschen müssen irgendwohin fliehen. Lasst uns ihnen Folgendes anbieten: Sie kommen allesammt nach Deutschland und nehmen ihren Staat gleich mit. Unbefristeter Aufenthalt, kein Entgeld. Der Nutzen wird enorm sein: Wir retten Konsumenten für den Weltmarkt. Wir haben Strukturen, die den japanischen von der Modernität zum Teil entgegen kommen. Sie können als eigener Staat ihre Kultur und Sprache behalten und wir werden dennoch profitieren. Solch ein nie zuvor dagewesenes Exil wird uns beflügeln. Unseren Nationalismus, unsere eigene Erfindungskraft. Wir werden gemeinsam Großartiges schaffen und beweisen, dass die Menschheit sich immer noch wieder neuerfinden kann. Berlin wird so grün bleiben wie es ist, wir machen die Japaner mit unserem föderalem System vertraut. Tokyo kann überall neu entstehen. Nippon in Deutschland wird Realität und Idee sein. Der EU kann nichts Besseres passieren. Wir finanzieren unsere Bauern, damit Felder brach liegen, wir vernichten Lebensmittel. Nun gewinnen wir hochproduktive, gebildete und finanziell größtenteils gut aufgestellten Konsumenten. Das heizt den Binnenmark besser an, das war ja schon immer Europas Zugpferd. Die Japaner werden uns Deutsche, uns Europäer beflügeln und wir werden gemeinsam dafür arbeiten, dass sie irgendwann wieder heim kommen. Doch am Ende wird der Nutzen die Kosten weit übertreffen und wir können gleichzeitig der Welt zeigen, dass Zusammenarbeit uns noch weiter bringen kann.


    2. Nehmen wir die Reaktorunfälle nicht als Endzeitgeläut war, sondern als neuen Aufbruch. Jahrzehntelang wurde nur halbherzig an Alternativen geforscht. Die Atommeiler garantieren Unabhängigkeit von den meist korrupten und freiheitsfeindlichen Förderländern. Sich von denen nun aus Panikgründen versklaven zu lassen, kann die Lösung nicht sein. Damit ergeben wir uns praktisch in den Abstieg des Westens, der hier und dort prophezeiht wird. Die Welt wird nicht schlechter, aber man kann sie sich schlecht reden. Das Gebot der Stunde heißt: Jetzt erst recht. Der menschliche Fortschritt ist bei all seinen Risiken nichts Verdammenswertes. Wenn er das wäre, würden wir immer noch in Höhlen kriechen und uns vor Blitzen fürchten. Wir können jetzt nicht Panik schieben und die Atomkraft ohne wirkliche Alternativen aus dem Fenster werfen. Wenn wir das nämlich tun, sind wir Geiseln undemokratischer, freinheitsfeindlicher Despoten.


    Man kann vieler Opfer gedenken, aber es schmälert nicht deren Ansehen, wenn man das Beste daraus macht. Und für das Beste ist ein bloßes Ablehnen nicht genug. Widersprecht mir, Hauptsache tut irgendwas. Aber versinkt nicht in Schweigen oder staunt wegen eines Momentes. Seht es als Herausforderung, neue Wege zu bestreiten. Machen wir das Beste daraus.


    Ich hoffe, ich erscheine jetzt nicht als gemeingefährlicher Irrer, aber dann habe ich eben Pech.

  • Ich biete Sachsen-Anhalt als Aufnahmeland an ... dort fliehen ja die Klugen und die anderen pflanzen sich fort ...


    Zum Ende der Welt - auch in Anbetracht der Wintersonnenwende 2012 nächstes Jahr - sei nur gesagt: Ja, möge die alte Weltordnung untergehen, aufdass eine neue erschaffen werden kann. In jedem Ende wohnt ein Anfang, in jeder Veränderung die Chance auf Verbesserung. Auch ein neuer Keynesianischer Zyklus steht bevor und er wird nach jetzigen Schätzungen und mit aller Ironie wohl auf der atomaren Ebene basieren bzw. der molekularen Biologie ... immer vorausgesetzt dass durch die Atomphysik (!) nicht die korrekte ganzheitliche Feldtheorie aufgestellt wird.


    Doch bis es soweit ist, würde ich in einer realitv flut-, sturm- und erdbebensicheren Region dieser Erde ungern auf die Atomkraft verzichten oder noch mehr Energie sparen (ich liege jetzt schon bei 50 bis 60 % eines durchschnittlichen Single-Haushalts).

  • Nach Tschernobyl war doch auch nicht die Ukraine und/oder Weißrussland komplett unbewohnbar. Die Präfekturen Fukushima und Miyagi werden wohl teilweise Sperrzone und der Rest wird wohl unattraktiv, aber ganz Japan? Halte ich für unwahrscheinlich. Vielleicht kommen ein paar Vereinzelte nach Düsseldorf, wo es schon so eine Community gibt. Aber das 130 Mio. Menschen ihr Land aufgeben, um im ohnehin überbevölkerten Europa die Miet- und Grundstückspreise in astronomische Höhen zu treiben... http://www.youtube.com/watch?v=cyahbRmlhW8

  • Wir können jetzt nicht Panik schieben und die Atomkraft ohne wirkliche Alternativen aus dem Fenster werfen. Wenn wir das nämlich tun, sind wir Geiseln undemokratischer, freinheitsfeindlicher Despoten.


    Auf den Tausch von Atomstrom gegen libysches oder iranisches Öl (unter deren jetzigen Regimes) habe ich auch wenig Lust. Aber es ist ja nicht so, dass es keine Alternativen gibt. Da wäre z.B. die Steinkohle, mit der via Kohlevergasung auch Gas- und Dampfkraftwerke berieben werden können. Freilich nur mit entsprechender moderner Filterung - ich bin in der Nähe von Bitterfeld geboren und will keine alten Zustände zurück. ;)


    Ich bezweifle, dass dies weniger "nachhaltig" ist als Erdöl oder Kernenergie; die sinnvollen Fördergebiete - z. B. Polen - sind politisch ziemlich stabil. Und die Verwüstung durch den Uranabbau hat es auch in sich.


    Ich halte es für aburden Unfug, dass Kernenergie noch immer als moderne Technik gepriesen wird. Sie gibt es bereits seit Jahrzehnten und die scheinbar günstige Stromgewinnung (ein Großteil der Folgekosten ist nicht eingepreist, sondern wird auf die Allgemeinheit abgewälzt) hat auch dazu geführt, dass Alternativen nie ernsthaft vorangetrieben wurden. Mich erinnert dass an die Situation in den USA, wo die spottbillige Energieversorgung durch Öl dazu führte, dass über Jahrzehnte auf Dämmungen beim Hausbau verzichtet wurde bzw. in wärmeren Gefilden einfach die Kliamanlage hochgedreht wurde, wenn man auf Panoramafenster gen Süden nicht verzichten wollte.


    Fahrlässig ist es auch, sich darauf zu verlassen, dass bei uns Naturkatastrophen eher selten sind. Da Kernkraftwerke zwingend am Wasser errichtet werden müssen, reicht auch eine unserer "Jahrhundertfluten" und ein paar falsche Dübel. Von Studenten mit Pilotenschein ganz zu schweigen.


    Dass Japaner nach Deutschland emigieren, wäre eine tolle Sache. Die japanischen Züge haben eine durchschnittliche Verspätung von sechs Sekunden im Jahr. ;)

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