Es gibt 104 Antworten in diesem Thema, welches 10.066 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Charlotte McGarry.

  • Man kann aber auch argumentieren, dass hier das Sein das Bewusstsein bestimmt und nicht umgekehrt. Ad) Praktibilität der direkten Demokratie. Und das Beispiel Island zeigt sehr wohl, wie gut direktere Formen der Demokratie funktionieren können.


    Das Beispiel der Schweizer und bayrischen Minderheiten-Einschränkung ist übrigens ein sehr schwaches, als würden gewählte Volksvertreter nicht ebenso Freiheitsrechte von Minderheiten attackieren.


    Und EU-feindliche Politik und ungeschickte Entscheidungen sind gerade auch kein Alleinstellungsmerkmal von Formen direkter Demokraite. Auf das Beispiel Kalifornien kann ich nicht eingehen, da muss ich mich zuerst einlesen.


    Dass, der Mensch Schritt für Schritt diese Verantwortung übernehmen muss und nicht von heute auf morgen ist klar, aber hier kommt wieder die Dialektik Sein - Bewusstsein ins Spiel.

  • Naja, in dem Fall ist es einfach die CSSF, die Finanzaufsicht, die quasi vom Parlament die Vollmacht zur Regulierung erhalten hat. Wie die Auswahlkriterien sind weiß ich nicht genau, jedenfalls keine Politiker und nur wenige Wissenschaftler, sondern alles Leute die mind. 10 Jahre am Finanzplatz, vorzugsweise im Audit/Compliance/Consulting, gearbeitet haben.

  • nd das Beispiel Island zeigt sehr wohl, wie gut direktere Formen der Demokratie funktionieren können.


    Island zeigt gar nichts. Der Staat hat weniger Einwohner als ein Berliner Durchschnittsbezirk und sortiert sein Telefonbuch nach Vornamen. Das ist eine ethnisch, religiös und ökonomisch nahezu heterogene Gesellschaft praktisch ohne Ausländer, Einwanderung oder Nachbarstaaten. Wenn ich in einem Staat mit 300.000 Menschen lebte, die alle so wären wie ich, so viel verdienten wie ich, die gleichen Erfahrungen und die gleichen Ziele hätten wie ich, dann wären wir uns natürlich schnell einig, ob nun in einer repräsentativen oder direkten oder liquiden Demokratie.


    Leider sieht die Welt anders aus.


    Zitat

    Das Beispiel der Schweizer und bayrischen Minderheiten-Einschränkung ist übrigens ein sehr schwaches, als würden gewählte Volksvertreter nicht ebenso Freiheitsrechte von Minderheiten attackieren.


    Das führt etwas vom Thema ab, aber das Minarett-Beispiele finde ich in diesem Zusammenhang extrem problematisch. Soweit ich weiß, wurde das Ergebnis der Volksabstimmung vom obersten Schweizer Gericht als grundrechtswidrig gekippt. Wenn man aber den Souverän schon befragt, dann muss man ihm in meinen Augen auch das letzte Wort zugestehen - und nicht irgendwelchen Richtern, die in der Regel weniger Legimitation als ein durchschnittlicher Volksvertreter haben. Der Volkswille muss sich in einer direkten Demokratie meines Erachten selbst interpretieren, ansonsten kann man's auch lassen.


    Zitat

    Und EU-feindliche Politik und ungeschickte Entscheidungen sind gerade auch kein Alleinstellungsmerkmal von Formen direkter Demokraite.


    Die Frage ist, ob ein Volk das Recht haben sollte, in sein eigenes Verderben zu rennen. Angela Merkel verweist nicht grundlos darauf, dass ein isoliertes Deutschland in einer globalisierten Welt politisch und zunehmend auch wirtschaftlich bedeutungslos wäre. Europa ist (trotz eines eklanten Demokratiedefizits, einer byzantinischen Bürokratie, der Arroganz der Volksvertreter und der Selbstreferenzialität seiner Institutionen) das beste, was diesem Kontinent seit Karl dem Großen passiert ist.


    Zitat

    Dass, der Mensch Schritt für Schritt diese Verantwortung übernehmen muss und nicht von heute auf morgen ist klar, aber hier kommt wieder die Dialektik Sein - Bewusstsein ins Spiel.


    Solange Menschen betrunken Auto fahren und mit 20.000 Dollar Jahreseinkommen einen Kredit in zehnfacher Höhe und mit undefinierter Zinslast aufnehmen (oder wie im Falle Islands eine Gesellschaft kollektiv dem Glauben verfällt, sie seine ohne jede Kapitaldeckung in der Lage, mit Milliardenbeträgen aus und in aller Welt zu spekulieren), bestehen an der Verantwortungsfähigkeit des Menschen schon im Status quo berechtigte Zweifel. Allgemein fahren wir mit Hobbes' Maßgabe, dass dem Menschen nicht zu trauen ist und man ihm zumindest die Waffen abnehmen sollte, um das Schlimmste zu verhindern, in meinen Augen ganz gut.

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  • Bingo!! Ich bin ja für eine Expertokratie. Das ist zwar nicht schön, aber rational... und ich kann nur wiedermal darauf hinweisen: Dem luxemburgischen Finanzsektor hat es nicht geschadet.


    Die beste Form der Regierung ist eine bei der das Volk entscheidet welche der fähigen Männer und Frauen die Entscheidungen trifft. <- So? :P


    Zitat

    Man kann aber auch argumentieren, dass hier das Sein das Bewusstsein bestimmt und nicht umgekehrt. Ad) Praktibilität der direkten Demokratie. Und das Beispiel Island zeigt sehr wohl, wie gut direktere Formen der Demokratie funktionieren können.


    Island hat auch nur eine Handvoll Einwohner ...


    Das USA-Ärinzip funktioniert auch super, nur nicht in Staaten mit 300 Millionen Einwohnern ...


    Zitat

    Die Frage ist, ob ein Volk das Recht haben sollte, in sein eigenes Verderben zu rennen. Angela Merkel verweist nicht grundlos darauf, dass ein isoliertes Deutschland in einer globalisierten Welt politisch und zunehmend auch wirtschaftlich bedeutungslos wäre. Europa ist (trotz eines eklanten Demokratiedefizits, einer byzantinischen Bürokratie, der Arroganz der Volksvertreter und der Selbstreferenzialität seiner Institutionen) das beste, was diesem Kontinent seit Karl dem Großen passiert ist.


    Und das muss ich sogar als rote Socke anerkennen.


    Es gibt doch diesen Spruch, in etwa 'Ein einzelner Mensch ist intelligent, eine Gruppe von Menschen nicht'

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  • Zitat

    Die Frage ist, ob ein Volk das Recht haben sollte, in sein eigenes Verderben zu rennen. Angela Merkel verweist nicht grundlos darauf, dass ein isoliertes Deutschland in einer globalisierten Welt politisch und zunehmend auch wirtschaftlich bedeutungslos wäre. Europa ist (trotz eines eklanten Demokratiedefizits, einer byzantinischen Bürokratie, der Arroganz der Volksvertreter und der Selbstreferenzialität seiner Institutionen) das beste, was diesem Kontinent seit Karl dem Großen passiert ist.


    Und ich sage, es bleibt egal ob das Volks selbst ins Verderben rennt oder Leute wählt denen es ins Verderben hinterher rennen kann. Dein Beispiel Angela Merkel beweist das ja sehr schön, riskieren wir mal die Zukunft Europas nur weils für irgendeine Landtagswahl gerade opportun ist...Bei Europa gehen wir d'accord.


    Zitat

    Leider sieht die Welt anders aus.


    Stimmt Island mag wahrlich ein sehr spezieller Sonderfall sein. Es gibt aber auch Beispiele erfolgreicher Selbstverwaltung in absoluten Krisensituationen (Bürgerkrieg), die bewiesen haben, dass direkte Demokratie und sogar viel weitergehende Reformen und Selbstverwaltungen funktionieren. Beispiel: Katalonien.


    Solange Menschen betrunken Auto fahren und mit 20.000 Dollar Jahreseinkommen einen Kredit in zehnfacher Höhe und mit undefinierter Zinslast aufnehmen (oder wie im Falle Islands eine Gesellschaft kollektiv dem Glauben verfällt, sie seine ohne jede Kapitaldeckung in der Lage, mit Milliardenbeträgen aus und in aller Welt zu spekulieren), bestehen an der Fähigkeit des Menschen zu richtig zu wählen schon im Status quo berechtigte Zweifel, daher braucht es eine Elite an Menschen, die dem Pöbel nicht verpflichtet sind und der Räson nach Machiavelli für den Staat das Beste tun. ;)

  • Und ich sage, es bleibt egal ob das Volks selbst ins Verderben rennt oder Leute wählt denen es ins Verderben hinterher rennen kann. Dein Beispiel Angela Merkel beweist das ja sehr schön, riskieren wir mal die Zukunft Europas nur weils für irgendeine Landtagswahl gerade opportun ist...Bei Europa gehen wir d'accord.


    Hin und wieder treffen Gewählte aber Entscheidungen, die ihnen politisch zum Verhängnis werden, aber faktisch notwendig sind. Gerhard Schröder ist hier ein Paradebeispiel, Angela Merkel wird gerade eines. John F. Kennedy hat einst ein Buch namens Profiles in Courage geschrieben (bzw. schreiben lassen), in dem er Politiker beschreibt, die das Richtige über das Bequeme stellen. Die Geschichte kennt dafür Hunderte Beispiele.


    Als angehender Historiker habe ich den Eindruck, dass die Opferbereitschaft einzelner ausgeprägter als die von Gemeinschaften ist. Die Geschichte appelliert meist an einzelne, nicht an Kollektive, und das nicht grundlos. Schon im Kleinen zeigt sich, wie wenig wir als Gruppe hinbekommen: Aus diesem Grund rät die Polizei dazu, bei Verbrechen stets an einzelne Zeugen einen Hilferuf zu richten ("He, Sie mit dem roten Schal..."), weil mit der Zahl der Zuschauer die Verantwortungslosigkeit des Einzelnen wächst.


    Die Frage ist natürlich eine grundsätzliche: Du glaubst an das Gute im Menschen; ich glaube an das gute in einzelnen Menschen. Da werden wir nicht weiterkommen.


    Zitat

    daher braucht es eine Elite an Menschen, die dem Pöbel nicht verpflichtet sind und der Räson nach Machiavelli für den Staat das Beste tun. ;)


    Kollektive haben historisch eine ziemlich kurze Erfolgsbilanz, das fängt schon beim Ersten Triumvirat in der Römischen Republik an. ;)

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  • Das führt etwas vom Thema ab, aber das Minarett-Beispiele finde ich in diesem Zusammenhang extrem problematisch. Soweit ich weiß, wurde das Ergebnis der Volksabstimmung vom obersten Schweizer Gericht als grundrechtswidrig gekippt. Wenn man aber den Souverän schon befragt, dann muss man ihm in meinen Augen auch das letzte Wort zugestehen - und nicht irgendwelchen Richtern, die in der Regel weniger Legimitation als ein durchschnittlicher Volksvertreter haben. Der Volkswille muss sich in einer direkten Demokratie meines Erachten selbst interpretieren, ansonsten kann man's auch lassen.


    Das finde ich jetzt mehr als schwierig. Grundrechte haben ja gerade die Eigenschaft, dass sie nicht zur Diskussion stehen dürfen. Und auch nicht zur Disposition der Mehrheit, denn Grundrechte sind ja gerade Minderheitenschutz. Aber genau deswegen halte ich Volksentscheide für Teufelszeug: Weil genau dann solche Argumentationen wie "Der Wille des Volkes muss respektiert werden." kommen. Nein, muss er nicht, wenn er grundrechtswidrig ist. Darf er nicht mal. Wir leben schließlich in einem Rechtsstaat, auch wenn die meisten Menschen den Unterschied zwischen Demokratie und Mehrheitsdiktatur nicht verstehen. Nur weil 51% der an der Abstimmung teilnehmenden Idioten beschließen, dass sie Minarette doof finden, ist das noch lange kein Argument, die Glaubensfreiheit einzuschränken.




    Zitat


    Solange Menschen betrunken Auto fahren und mit 20.000 Dollar Jahreseinkommen einen Kredit in zehnfacher Höhe und mit undefinierter Zinslast aufnehmen (oder wie im Falle Islands eine Gesellschaft kollektiv dem Glauben verfällt, sie seine ohne jede Kapitaldeckung in der Lage, mit Milliardenbeträgen aus und in aller Welt zu spekulieren), bestehen an der Verantwortungsfähigkeit des Menschen schon im Status quo berechtigte Zweifel. Allgemein fahren wir mit Hobbes' Maßgabe, dass dem Menschen nicht zu trauen ist und man ihm zumindest die Waffen abnehmen sollte, um das Schlimmste zu verhindern, in meinen Augen ganz gut.

    Da geh ich mit.


    ²Laval: Auch auf die Gefahr hin, hier jetzt gesteinigt zu werden - das allgemeine, gleiche Wahlrecht hat in mir sicherlich keinen Anhänger, weil viel zu viele Menschen für eine Demokratie leider zu desinteressiert ist. Ich bin schon immer froh, wenn die Wahlbeteiligung sinkt, weil das bedeutet, dass irgendwelche unreflektiert kreuzelnden Menschen beschlossen haben, konsequent desinteressiert zu sein.

    Taylor Kay Roberts
    Speaker pro tempore of the General Court of Laurentiana

    former United States Senator for Laurentiana

    rep_la.png

  • Das finde ich jetzt mehr als schwierig. Grundrechte haben ja gerade die Eigenschaft, dass sie nicht zur Diskussion stehen dürfen. Und auch nicht zur Disposition der Mehrheit, denn Grundrechte sind ja gerade Minderheitenschutz. Aber genau deswegen halte ich Volksentscheide für Teufelszeug: Weil genau dann solche Argumentationen wie "Der Wille des Volkes muss respektiert werden." kommen. Nein, muss er nicht, wenn er grundrechtswidrig ist. Darf er nicht mal. Wir leben schließlich in einem Rechtsstaat, auch wenn die meisten Menschen den Unterschied zwischen Demokratie und Mehrheitsdiktatur nicht verstehen. Nur weil 51% der an der Abstimmung teilnehmenden Idioten beschließen, dass sie Minarette doof finden, ist das noch lange kein Argument, die Glaubensfreiheit einzuschränken.


    Gerade um diese Situation zu vermeiden, lehne ich die direkte Demokratie ja ab. ;) Grundrechte müssen sich jedoch irgendwie legitimieren und in einer direkten Demokratie (oder einem Staat, der diesen Anspruch für sich erhebt) gibt es einen Souverän, der legitimiert und delegitimiert: die SVP das Wahlvolk.


    Für mich kommt noch ein weiteres Argument hinzu, warum die direkte Demokratie Murks ist: Regieren ist der permanente Kompromiss. Anders können Menschen nun mal nicht zusammenleben. Modelle wie Volksentscheide nach Volksbegehren, bei denen sich das Volk wie in Berlin aussucht, worüber es überhaupt abstimmen will, kennen aber keine Kompromissbereitschaft, weil jeder nur über das abstimmen kann, worüber er abstimmen will. Das Eigeninteresse filtert also schon im Vorfeld (in den USA sind die Hürden für Volksbegehren meines Wissens geringer, deswegen ist dieses Problem dort nicht so ausgeprägt, auch wenn die Amerikaner natürlich ganz andere haben).


    Das Volk soll schon bestimmen, aber das schöne an der repräsentativen Demokratie ist, dass es die Bürger an der Urne zu einem Kompromiss zwingt. Wer nicht einmal an dieser Stelle in der Lage ist, Themen zu priorisieren und eine Entscheidung zu treffen, der sollte mit komplexeren Fragen erst gar nicht befasst werden.

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  • Das Problem ist doch, das man hier gezwungen wird zwischen verschiedenen hässlichen Fratzen zu wählen die allesamt keine Ahnung haben aber meinen gut reden zu können.


    Den Fraktionszwang finde ich im übrigen genauso widerlich wie die Totalopposition, wenn dan nicht sogar das gleich ist.

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  • Naja, das ist Ansichtssache. Man kann entweder der Meinung sein, die beste Politik sei die, die die Mehrheit der Menschen will, dass wäre dann die direkte Demokratie; oder man meint, die beste Politik ist die, die nicht unbedingt gewollt, aber rational ist - da bietet sich ein System mit Experten an. RTL2, BILD und meine Nachbarn lassen mich für mich persönlich zu dem Schluss kommen, dass das Zweite die bessere Option für unser Land ist, aber wie gesagt: man kann da anderer Meinung sein.
    Fakt ist aber, dass die repräsentative Demokratie da einen halbwegs erträglichen Kompromiss schafft...

  • Das Problem ist doch, das man hier gezwungen wird zwischen verschiedenen hässlichen Fratzen zu wählen die allesamt keine Ahnung haben aber meinen gut reden zu können.


    Wenn sie wenigstens gut reden könnten! Wenn ich mir schon leere Phrasen anhören muss, dann doch bitte mit Elan und Eloquenz.


    Zitat

    Den Fraktionszwang finde ich im übrigen genauso widerlich wie die Totalopposition, wenn dan nicht sogar das gleich ist.


    Einerseits ja. Andererseits kommen die meisten Abgeordneten (alle außer Ströbele?) doch nur wegen ihrer Partei und nicht wegen ihrer Person ins Parlament. Da darf's dann auch ein bisschen Dankbarkeit sein. CDU und SPD hätten damals das Mehrheitswahlrecht einführen sollen, dann hätten wir jetzt wahrscheinlich auch Vorwahlen. Optimal ist das US-Verfahren beileibe nicht, aber es bringt wenigstens keine grauen Bürokratenmäuse hervor, die sprachlich so versiert wie ein praller Leitz-Ordner sind.


    Ich finde, rhetorisch und ästhetisch ist in der deutschen Politik noch Luft nach oben.

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  • In der Tat, dieser REP Kandidat aus Texas (glaube ich) kann zumindest reden und gut aussehen auch wenn seine Ansichten mir die Nackenhaare aufstellen.


    Wenn ich zum Beispiel Gysi reden höre gefällt mir das, da muss ich aber wieder zugeben dass nich nur die Hälfte verstehe, also sagt der wirklich die Wahrheit, Phrasen oder wie bei allen anderen auch irgendwas dazwischen.
    Reden kann er zumindest. ^^

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  • Das finde ich jetzt mehr als schwierig. Grundrechte haben ja gerade die Eigenschaft, dass sie nicht zur Diskussion stehen dürfen. Und auch nicht zur Disposition der Mehrheit, denn Grundrechte sind ja gerade Minderheitenschutz. Aber genau deswegen halte ich Volksentscheide für Teufelszeug: Weil genau dann solche Argumentationen wie "Der Wille des Volkes muss respektiert werden." kommen. Nein, muss er nicht, wenn er grundrechtswidrig ist. [...]


    Du bringst hier die typischen Argumente eines gut geschulten, deutschen Juristen. ;) Das ist gar nicht abfällig gemeint, ich will nur darauf hinweisen, dass man bei der Abwägung zwischen "Respektierung des Volkswillens" und "Minderheitenschutz durch Grundrechte" (was man auch zu "Demokratieprinzip vs. Rechtsstaatsprinzip" zuspitzen kann) durchaus zu unterschiedlichen, aber gleichermaßen legitimen Ergebnissen kommen kann. Und zu welchem Ergebnis man kommt, hängt stark von der Staatstradition eines Volkes ab. Ich habe dazu vor geraumer Zeit mal einen sehr interessanten Vortrag eines Schweizer Soziologen gehört, der mir das erst richtig bewusst gemacht hat: Wir Deutsche vertauen dem Rechtsstaat so stark, für meinen Geschmack oft fast zu stark, weil er jahrhundertlang unser einziges Hilfsmittel gegen Willkürmaßnahmen der Obrigkeit war - genaugenommen bis 1918. In der Schweiz dagegen war diese Frontstellung schon viel früher aufgehoben, weshalb das Demokratieprinzip dort sehr viel mehr Wertschätzung als das Rechtsstaatsprinzip genießt. Deshalb ist in der Schweiz auch die Akzeptanz der "Mehrheitsdiktatur" - wie es hier so schön polemisch benannt wurde - sehr viel größer ausgeprägt. Ein Verfassungsgericht im bundesdeutschen Sinne, das (Volks-)Gesetze an Verfassungsnormen messen und ggf. auch kassieren kann, gibt es in der Eidgenossenschaft übrigens nicht (und fände in der Bevölkerung mehrheitlich auch keine Akzeptanz). Die Minarett-Initiative ist daher auch nicht gekippt worden, ihr Ergebnis ist nach wie vor bindend.

  • Und das ist auch einer der Gründe warum ich Schweizern prinzipiell nicht vertraue (aber ich habe gegen diese meine ganz eigenen Vorurteile)


    Hinzufügen kann man: Deutsche gehen auch nicht auf die Straße solange die Straßenbahn fährt. Kommt schon alles irgendwie wieder in Ordnung ... Ein bißchen französischer könnte man schon sein.

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  • Ein Verfassungsgericht im bundesdeutschen Sinne, das (Volks-)Gesetze an Verfassungsnormen messen und ggf. auch kassieren kann, gibt es in der Eidgenossenschaft übrigens nicht (und fände in der Bevölkerung mehrheitlich auch keine Akzeptanz). Die Minarett-Initiative ist daher auch nicht gekippt worden, ihr Ergebnis ist nach wie vor bindend.


    Jein. Erstens ist es richtig, dass ich falsch informiert war, was die Rechtslage angeht. Offenbar hatte ich die Klage mit der Entscheidung verwechselt. ;) Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat dieses Jahr das Verbot zumindest nicht aufgehoben. Aber: "Weiter hält der Gerichtshof fest, dass die Schweizer Gerichte in der Lage sein würden, zu prüfen, ob die allfällige Ablehnung einer Baugenehmigung für ein Minarett-Projekt mit der EMRK [Europäische Menschenrechtskonvention] vereinbar wäre." Der EGMR hat das Gesetz schließlich nicht aufrecht erhalten, weil er es für EMRK-kompatibel hält, sondern weil die Kläger kein standing haben (@Roberts: Wie sagt man das auf deutsch?).


    Es wäre interessant zu sehen, was passierte, wenn ein Schweizer Gericht zwar einräumt, dass das Minarett-Verbot den Volkswillen repräsentiert, aber die EMRK-Rechte eines Klägers verletzt. Wikipedia sagt zur Bindewirkung: "In der Schweiz stellt die EMRK direkt anwendbares Recht dar. Staatliche Grundrechte sind von jedem Bürger nicht nur aufgrund von verfassungsmäßigen Rechten einklagbar, sondern auch aufgrund von allfälligen Rechten, die jemandem aus der EMRK zustehen. Gemäß konstanter Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts tritt es jedoch auf Feststellungsbegehren, welche auf Art. 13 EMRK gestützt werden, nicht ein, sondern verweist die Betroffenen auf den Klageweg."


    Unabhängig davon ist das Minarett-Verbot natürlich genau jene Form von Volksentscheid, die wegen ihres Populismus in mir gerade die Furcht vor der direkten Demokratie als Herrschaft eines uninformierten, ressentimentbeladenen Pöbels weckt.

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  • Zitat

    Unabhängig davon ist das Minarett-Verbot natürlich genau jene Form von Volksentscheid, die wegen ihres Populismus in mir gerade die Furcht vor der direkten Demokratie als Herrschaft eines uninformierten, ressentimentbeladenen Pöbels weckt.


    Und deckt sich da direkt mit meiner Meinung... Zeichen und Wunder. Zeichen und Wunder :D

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    Unabhängig davon ist das Minarett-Verbot natürlich genau jene Form von Volksentscheid, die wegen ihres Populismus in mir gerade die Furcht vor der direkten Demokratie als Herrschaft eines uninformierten, ressentimentbeladenen Pöbels weckt.


    Das schaffen indirekte Demokratien über Wahlen auch: Lega Nord, FPÖ, "Wahre Finnen", und so weiter und so fort. Der spült in diesen indirekten Demokratien nämlich die Hetzer und Populisten, die diese Volksmassen erst aufwiegeln und dann den Staat gnadenlos ausnehmen an die Macht.

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