ZitatOriginal von Ulysses S. Finnegan jr.
Ich sehe das Problem spätestens dann, wenn ein unterlegener Kandidat anfängt, seine Stimmen auf einen anderen Kandidaten zu übertragen und dem dadurch eine Mehrheit verschafft, die er nicht hat. Dann fehlt es nämlich an demokratischer Legitimation.
Ein auch meines Erachtens ganz wesentlicher Punkt!
Wer mich kennt weiß, dass ich der "reinen" Präsidialrepublik (d. h. einer Republik mit direkt gewähltem, parlamentsunabhängigem Staatsoberhaupt und Regierungschef in einer Person, im Gegensatz zu Systemen z. B. mit einem direkt gewählten Staatsoberhaupt einer-, und einem sowohl von diesem als auch dem Parlament abhängigen Regierungschef andererseits - RL-Beispiele: etwa V. Französische Republik, oder die sog. "Weimarer Republik") als Staatsform einer Micronation mehr als skeptisch gegenüberstehe. In der Demokratischen Union habe ich, bevor ich mich dort endgültig ausgeklinkt habe, solcherlei Reformvorhaben zumindest noch für einige Monate maßgeblich mit hinausgezögert.
Nichts desto minder habe ich im Zuge solcher Diskussionen immer gesagt, dass Astor für mich eine Ausnahme von dieser prinzipiellen Ablehnung formiert: hier halte ich diese micronational in meinen Augen eigentlich unglückliche Form der Staatsorganisation für essenziell, weil prägend, und zudem durch mehrjährige Praxis mittlerweile auch des indirekten Wahlverfahrens für gewachsen und bewährt. Unsere nervenzerfetzenden Wahlabende sind weit über unsere Grenzen hinaus bekannt und längst "Kult", und die micronational-technisch gesehen eigentlich unglückliche Konstellation des quasi unangreifbaren Präsidenten macht den Präsidentschaftswahlkampf und die Präsidentschaftswahl umso spannender und gewichtiger.
Aber wesentliche Elemente dieser Vorteile für Astor sähe ich in Gefahr, wenn man nun den Markt für den "EV-Handel" freigäbe. Im Prinzip würde das bedeuten, durch die Hintertür doch eine Art parlamentarisches System einzuführen, jedenfalls insofern, als das nicht mehr das Ergebnis der indirekten Volkswahl entscheidend wäre, sondern der Klüngel von Parteien und Kandidaten.
Schaut man sich die Wahlergebnisse seit Einführung der indirekten Wahl des Präsidenten an (und die Wahlberichterstattung im Forum ist da aufschlussreicher als der EHM-Artikel ;)) zeigt sich, dass es stets um wenige Stimmen in wenigen Bundesstaaten ging, die den Ausschlag gegeben haben. Würden EVs nun zur "Handelsware", wäre es vielfach leicht, dass abtrünnige Mitglieder der großen Parteien, Unabhängige, Splitterparteiaktivisten und Co. (ein) Kandidatenduo(s) aufstellen, um gezielt in einigen Bundesstaaten erst die entscheidenden Stimmen zu stehlen, und diese hinterher teuerst möglich "zurückzuverkaufen".
Im Ergebnis wären nicht nur die legendären astorischen Wahlabende entwertet, sondern man hätte auch so etwas wie Koalitionsverhandlungen, in denen effektiv die Randgruppen und Außenseiter über die Regierungsbildung entscheiden, und nicht mehr die zumindest relative Mehrheit der Wähler. Man opferte also die Vorzüge des bestehenden astorischen Systems, um seine Schwachstellen noch zu vertiefen...